Agrar Magazin / AgrarDialog

Präsidentin des Deutschen LandFrauenverbandes: Petra Bentkämper und Peter R. Müller, Geschäftsführer Bayer CropScience Deutschland
AgrarDialog

Führung von Frauen in der Agrarbranche … und was auch Männer dafür tun können.

Ein Gespräch von Petra Bentkämper und Peter R. Müller über Gleichstellung im Unternehmen, Aufgabenverteilung in der Familie und mehr Selbstverständnis im Miteinander.

Wenn es möglich wäre, wäre er es schon längst und nach diesem Gespräch noch mehr – nämlich aktives Mitglied mit Funktion werden im Deutschen LandFrauenverband. Peter R. Müller, Geschäftsführer Bayer CropScience Deutschland, bezieht Position im Gespräch mit der Präsidentin des Deutschen LandFrauenverbandes, Petra Bentkämper. Es geht um Fürsprache und Unterstützung für das Standing der Frauen im Agrarbereich und ländlichen Raum.

Schnell zueinander fanden die „oberste“ LandFrau und der „Industriechef“ beim Austausch persönlicher Erfahrungen, die beide im Rahmen ihrer Tätigkeiten in Europa, Afrika und Asien gemacht haben. Bentkämper berichtet über ein von den LandFrauen initiiertes und seit 2016 begleitetes Projekt in Ghana und ihrem jüngsten Aufenthalt in Uganda. Oftmals stehen kleine Hilfestellungen am Anfang von Projekten, die dann zu einer besonderen emotionalen Bindung führen. Diese Erfahrungen haben Bentkämper und Müller beide gemacht. „In Ländern wie Ghana oder Uganda müssen wir vor allem die Frauen auf ihrem Weg zu mehr Selbstbestimmung und Teilhabe unterstützen“, so ein Fazit von Petra Bentkämper. „Es ist wichtig Vorbilder zu schaffen und Erfolge zu kommunizieren, so wie wir es gerade beim Weltlandfrauentag in Kampala erlebt haben und wie es unser Verband regelmäßig mit der Auszeichnung zur  Unternehmerin des Jahres und zur LandFrau des Jahres macht“.

Bentkämper weist daraufhin, dass dies auch für Deutschland und Europa gilt. „Die Rolle der Frau wird weltweit noch immer einseitig, eher nicht gestalterisch oder führend wahrgenommen, auch bei uns und vor allem im ländlichen Raum.“ Das bestätigt auch die aktuelle Studie „Frauen.Leben.Landwirtschaft“, die vom Thünen-Institut und der Georg-August-Universität Göttingen mit Unterstützung des Deutschen LandFrauenverbandes erstellt wurde und u.a. die Rollenbilder von Frauen zum Thema hat. Ein traditionelles Rollenverständnis in manchen  landwirtschaftlichen Familien ist noch immer einer der Hauptgründe, warum Frauen in Deutschland nur 11 Prozent der Betriebe leiten.

Diesbezüglich hat auch Müller bei seinen vielen Inlandsaufgaben und Auslandsaufenthalten für Bayer Erfahrungen sammeln können, die ihm Vergleiche ermöglichen. „Deutschland ist ein konservatives Land, was die Rollenverteilung der Geschlechter betrifft. Daran müssen wir dringend auf allen Ebenen arbeiten. In acht Jahren Skandinavien-Aufenthalt und im Vergleich mit der Situation hierzulande ist mir das besonders aufgefallen.“ „Es gibt genug gute Ideen“, ergänzt Bentkämper. „Vor allem in der landwirtschaftlichen Ausbildung muss der Diskurs über Geschlechterbilder Eingang finden und in der Förderung muss der Fokus viel stärker auf die Frau gelegt werden. Vorbilder, Netzwerke und Mentoringprogramme sind auch sehr wichtig.“ Müller sieht Handlungsbedarf noch lange vor der Ausbildung, nämlich im Kindergarten, der Schule, zu Hause, in der Familie.

Dem stimmt Bentkämper zu und sagt mit selbstkritischem Blick: „Wir sind die Vorbilder unserer Kinder und erziehen nicht nur unsere Töchter, sondern auch unsere Söhne.“ Eine Folge davon ist ihrer Meinung nach auch, dass an vielen Stellen, ob gesellschaftlich oder beruflich, Frauen und deren Sichtweisen fehlen. Als Beispiele nennt sie Steuergesetze, die Frauen benachteiligen, ungleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit oder Gesundheitsaspekte. „Wir brauchen die weibliche Perspektive in der Politik, in den Gremien, den Unternehmen, einfach überall ganz dringend.“

„Wie lange können wir es uns noch erlauben auf Frauenpower zu verzichten“, so Bentkämper und Müller einhellig. Befragt, wie das bei Bayer aussieht, erläutert Müller interne Unternehmensziele. „Wir unterstützen Frauen bei uns aktiv in vielerlei Hinsicht“, sagt er. „Natürlich verdienen bei uns Frauen das gleiche wie die Männer. Die junge Generation ist ohnehin so selbstbewusst, dass sie diese Dinge einfordert.“ Bayer hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 Führungsposten auf allen Managementebenen paritätisch zu besetzen. Mehr Flexibilität für die Familie – für Männer und Frauen – bringt auch das Konzept „New ways of working“, das durch Corona beschleunigt umgesetzt wurde. Feste Büroarbeitszeiten gibt es nicht mehr, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entscheiden intern abgestimmt, aber weitgehend frei, ob sie zu Hause oder in den Firmenräumen arbeiten möchten. Bayer unterstützt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der technischen Ausstattung von Heimbüros. Dazu gibt es eine Betriebsvereinbarung. „Die Möglichkeit von zu Hause zu arbeiten ist inzwischen sogar ein  Einstellungskriterium, auch für Innendienstfunktionen“, so Müller. Für die Zeiten, in denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Unternehmensstandort in Monheim arbeiten möchten, steht ein Betriebskindergarten zur Verfügung.

Petra Bentkämper will auch wissen, ob Bayer Unterstützung fürs Ehrenamt leistet. Für sie sind Ehrenämtler ein Gewinn für jedes Unternehmen, da Vereine Lernorte der Demokratie und Mitarbeiterführung sind. „Wir arbeiten in einem Bereich, der von der Gesellschaft oft sehr kritisch beurteilt wird“, antwortet Müller. „Viele unserer Mitarbeiter sind deshalb auch in Sachen Landwirtschaft als Brückenbauer im Ehrenamt unterwegs. Wir begrüßen und unterstützen das, soweit uns dies möglich ist.“ Weil Ehrenamt auch sehr unterschiedliche Ausprägungen haben kann, gibt es bisher keine generellen Regelungen.

„Werden Männer gebraucht, um Frauenthemen in die Männerwelt zu transportieren?“ Petra Bentkämper und Peter R. Müller meinen „ja“. Denn viele Positionen in Männerdomänen, wie der Landwirtschaft, sind eben fast ausschließlich von Männern besetzt. „Dort brauchen wir „game changer“ und Multiplikatoren.“

Vieles gilt es noch im Sinne der Frauen zu verändern. Denn die einseitig männliche Sichtweise äußert sich in ganz praktischen Dingen des Arbeitsalltags. Ob es die Arbeitshöhe im Melkstand ist oder andere technische Dinge, bei deren Entwicklung der Mann noch das Maß der Dinge ist. Gleiches gilt für die (Gender-) Ansprache oder die männerbetonte bildliche Darstellung der Branche, auch in der Werbung. „Der graumelierte Landwirt im karierten Flanellhemd ist leider oft noch das bestimmende Motiv“, mahnt auch Müller an. „Frauen müssen stärker sichtbar gemacht werden“, lautet deshalb eine Forderung von Bentkämper.

Konkret heißt das aber auch, dass Frauen beispielsweise nach einer Erziehungspause einfacher in den Job zurückkommen können. Die Frage an engagierte Frauen in Führungspositionen “Was macht die jetzt eigentlich mit ihren Kindern?“, möchte Bentkämper nicht mehr hören. „Niemand stellt diese Frage an männliche Betriebsleiter, Manager oder Politiker.“ Neue „weibliche“ Ideen haben es in Deutschland oftmals noch schwer.

Während des Gesprächs gab es viel zu diskutieren. Der ländliche Raum und damit auch die Situation der Frauen, die dort leben und arbeiten, sind für den Bayer-Geschäftsführer schon lange eine Herzensangelegenheit. Petra Bentkämper wird und darf ihn beim Wort nehmen. „Wir starten die neue Kampagne `Zukunft Land`. In diesem Zusammenhang würden wir auch gerne die Stimme eines Mannes hören“.

„Herzlich gerne“, so Müller.

Das Gespräch wurde von der Agrarjournalistin Friederike Krick begleitet.

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